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Interview mit Daniel Baur

Mitgründer & CEO von emonitor

Interview mit Daniel Baur

Interview mit Daniel Baur – Unser Mitgründer und CEO erzählt über seine Motivation, in der Immobilienbranche etwas zu bewirken und wie er die Zukunft des Wohnens in den Städten mitgestalten möchte.

emonitor team, 25. Februar 2020

Wie seid ihr dazu gekommen, ein Unternehmen in der Proptech Branche zu gründen? 

Wir sind durch Zufall da reingerutscht. Während des Studiums war ich im Ski- und Snowboardsport aktiv und wollte etwas zur aufkommenden Freestyleszene beitragen. Deshalb habe ich mit einem Freund einen Blog und eine Community für Freeskier gegründet. Dadurch wurden wir angefragt, ob wir Webseiten auf Auftragsbasis machen könnten. Bei einer Webseite blieb es nicht und auf einmal hatten wir eine Web- und Marketingagentur gegründet. Irgendwann kam meine Mitgründerin Corinna Heye auf uns zu, die für die Vermietung des Genossenschafts-Neubauprojekts “Kalkbreite” in Zürich eine digitale Lösung suchte. Wir waren die einzigen im Bekanntenkreis, die programmierten und nahmen die Herausforderung an. Bald merkten wir, dass es im Immobilienmarkt noch einige Probleme zu lösen gibt.

Ursprünglich kommen wir aus dem Bereich der Datenanalyse. Uns interessiert vor Allem die konkrete Nachfrage nach Wohnungen und wie man das Wohnen & Leben in Städten mittels Datenanalyse verbessern kann. Dabei liegt unser Fokus auf Märkten, in denen Disruption noch möglich ist. Da gibt es einige sehr spannende Segmente im Immobilienmarkt, insbesondere im Bereich der Datenanalyse.

 

«Wir sind überzeugt, dass man die Städteplanung mit der Datenanalyse verbessern kann.»

Kannst du diesbezüglich noch mehr ins Detail gehen?

Unser Fokus ist ja schon immer, die Person mit der Wohnung zusammenzubringen, die die Wohnung am meisten verdient. Wir sind überzeugt, dass man die Städteplanung mit der Datenanalyse verbessern kann und sogar die Mietpreise reduziert werden können, indem man die Belegungsvorschriften einhält. Es ist wichtig, dass man Grundrisse baut, die nachgefragt werden. Baut man das Falsche, verknappt man den Wohnraum und produziert Leerstand. Mittels unserer Datenanalyse können wir die vorherrschenden Bedürfnisse auf dem Wohnungsmarkt sehr genau erfassen. So sorgen wir dafür, dass auch die Personen Wohnraum finden, die ihn wirklich brauchen. Das ist unser Fokus und widerspiegelt sich in all unseren aktuellen und zukünftigen Produkten.

Es ist ja eine Grundsatz-Diskussion: wer soll in den Städten wohnen und aufgrund welcher Daten erhält jemand den Zuschlag für eine Wohnung. Hast du da keine Bedenken?

Nein, da haben wir gar keine Bedenken. Wir glauben, dass man mit einem System, das man richtig konfiguriert, eine Wohnung viel fairer vermieten kann. Man hat beispielsweise keine Bias anhand von Nachnamen oder Hautfarbe. Eine Maschine wählt nicht subjektiv aus, sondern wirklich objektiv. Beim Menschen geht dieses Wissen verloren, die Software jedoch kann laufend optimiert werden. Die Optimierung läuft über ein technisches System viel effizienter als beim Menschen. Das ist ein grosser Vorteil. Unser Ziel ist es, das Leben der Menschen anhand einer guten technischen Lösung zu verbessern.

Wie sehen eure Wachstumspläne aus?

Im Moment sind unsere Kunden in der Schweiz und in Deutschland. Wir haben eine Lösung, die von jeder Stadt und jeder Genossenschaft angewendet werden kann. Unsere Ziel ist, dass wir bis 2022 Marktführer im Bereich der digitalen Vermietung in der DACH Region sind.

 

«Es ist schon eine ziemliche Leistung, dass wir es geschafft haben, das Ganze fünf Jahre so durchzuziehen.»

Wie geht ihr da vor?

Systematische Kundenakquise mit einem detailliert aufbereiteten Sales- und Marketing Prozess. Bis jetzt lief der Verkauf nur über Mund-zu-Mund. Dass dies bis jetzt so geklappt hat zeigt, dass wir ein hervorragendes Produkt haben. Jetzt müssen wir einfach unsere Bekanntheit steigern.

Im Sommer habt ihr eure erste Finanzierungsrunde abgeschlossen. Kannst du uns da noch etwas mehr erzählen?

In unserer ersten Finanzierungsrunde haben wir im Sommer 2019 gesamt 1.06 Millionen Schweizer Franken gesammelt. Zu unseren neuen Investoren zählen u.a. Alpana Ventures SA (Genf), die Platanus Holding AG (Spross Gruppe, Zürich) sowie die Stiftung Startfeld aus St.Gallen.

Worauf bist du am meisten stolz, wenn du jetzt auf die letzten Jahre zurück blickst?

Ich bin stolz, dass wir die letzten fünf Jahre durchgebissen haben. Ein Start-up mit sehr geringen finanziellen Mittel und sehr reduzierten personellen Ressourcen zu führen braucht Durchhaltewillen. Wir haben ein sehr spezifisches Business-Modell in einem Umfeld, das die Digitalisierung teilweise eher ausbremst. Aber auch das hat sich bereits verändert. Die Branche hat erkannt, dass die Digitalisierung nicht aufzuhalten ist. Stolz bin ich auch, dass wir bereits tausenden von Mietern zur passenden Wohnung verhelfen konnten.

 

«Wir stehen am Anfang der Welle, die sich aufbaut, jetzt muss man sie nur noch surfen.»

Wie erlebst du die Schweizer Immobilienbranche im Moment?

Jeder redet von Digitalisierung, aber nur wenige setzen innovative Lösungen wie unsere Software auch wirklich ein. Aber die, die früh implementieren, werden auch die sein, die langfristig im Markt bestehen können. Man hat Vorteile, wenn man schon Erfahrungen sammeln konnte, weiss, welche Produkte es gibt auf dem Markt und welche Prozesse digitalisiert werden können. Wir spüren jetzt, dass eine Kettenreaktion startet, wenn einer beginnt, die anderen beginnen mitzuziehen. Das war vor fünf Jahren natürlich noch nicht der Fall. Niemand hat eine Software genutzt, PDF und XLS-Files waren der Status Quo. Wir mussten hart kämpfen, bis die Ersten in der Branche angefangen haben umzudenken.

Ist die Immobilienbranche nur in der Schweiz so langsam?

Nein, das ist europaweit eine Herausforderung. Die Immobilienbranche konnte sich lange ausruhen. Die Unternehmen haben gute Umsätze gemacht, durch die hohen Renditen mussten sie nicht innovativ sein. Im Konsumentenmarkt ist das ganz anders. Da konkurriert man mit fünf Firmen, die genau das gleiche Produkt anbieten. Nur durch gutes Marketing kann man sich einen Marktvorteil verschaffen. Die Firmen, die im Konsumentenmarkt früh mit der Digitalisierung angefangen haben beherrschen nun den Markt. Das wird in der Immobilienbranche ähnlich sein.

Du kamst ja per Zufall in die Branche. Was fasziniert dich denn persönlich an der Immobilienbranche?

Die Digitalisierung steht ganz am Anfang, da hat man als innovatives Unternehmen mit guten Ideen riesiges Potential. Das ist für mich sehr interessant. Die Branche ist mir eigentlich gar nicht so wichtig, das Innovationspotential ist es, was für mich zählt.

Wie erlebst du das Proptech-Umfeld in der Schweiz?

In der Immobilienbranche stehen wir immer noch am Anfang der Digitalisierung. Es werden aber laufend neue Ideen entwickelt, neue Produkte kommen auf den Markt, neue Ideen entstehen mit neuen technischen Möglichkeiten wie AI oder VR. Wir stehen am Anfang der Welle, die sich aufbaut, jetzt muss man sie nur noch surfen. Aber man muss einen langen Atem haben in der Immobilienbranche. Es ist kein sanfter und stetiger Surfbreak wie in Kalifornien, sondern eher einer wie in Hawaii, wo die Welle ewig braucht um sich aufzubauen, aber wenn sie kommt, ist sie ein echter «Brecher». Es wird nur ein paar wenige geben, die sie überhaupt reiten können. Wir haben bereits ein paar Startups gesehen, die die Segel wieder gestrichen haben. Es ist ein Kampf. Man muss wirklich ein Problem lösen können. Ich bin fest überzeugt, dass wir diese Lösung haben.

 

«Die Stadt Zürich mit ihrer sozial ausgerichteten Wohnbaupolitik und den vielen Genossenschaften ist ein sehr spannender Markt.»

Inwiefern hat dir deine berufliche Erfahrung mit der Marketingagentur im Aufbau eures Startups geholfen?

Ich bin als CEO bei emonitor für Verkauf und Marketing zuständig. In der Marketingagentur waren wir spezialisiert auf Trendsport-Marketing für grosse Kunden. Wir mussten  jeden Tag eine neue Innovation oder ein neues Produkt bringen, das es so auf dem Markt noch nicht gab. Wir mussten permanent spannende Ideen haben, weil es noch zehn andere Marketing Agenturen gab, die ebenfalls coole Ideen hatten. Als wir dann in der Immobilienbranche gelandet sind, haben wir festgestellt, dass es kaum innovative Ideen gibt. Jede Software versucht die Probleme gleich zu lösen, die CRM’s bieten alle fast analoge Funktionen – da hat man mit einigen guten Ideen freie Bahn.

Der digitale Anmeldeprozess ist ja keine innovative Idee. Als wir gestartet sind, hat das noch niemand so gemacht, alles funktionierte noch immer händisch. Es ist unsere Stärke immer weiter innovative Produkte zu entwickeln und dabei immer wieder etwas Neues zu probieren. Wir sind agil und können uns schnell bewegen. Wenn eine grosse IT Firma für die Umsetzung einer Warteliste zwei Jahre braucht, haben wir dafür 3 Monate. Das sind natürlich Welten. Das ist grundsätzlich der Vorteil von Startups. Sie bringen Innovation in einen Markt, wo Innovation noch nicht stattfindet. Es ist dafür auch hilfreich, marktfremd zu sein und Probleme aus einer anderen Sichtweise zu betrachten. Sonst machst du immer das Gleiche, und das so, wie es schon immer gemacht wurde. Es ist mir ein Rätsel, wieso niemand vor uns auf die Idee kam, ein digitales Referenzformular zu entwickeln. Die meisten Verwalter machen den Referenzencheck nach wie vor telefonisch. Der ganze Prozess wird nicht hinterfragt. Sogar die neue Generation der Branche wird geimpft mit den veralteten Abläufen.

Zum Abschluss: Wo siehst du emonitor in zwei Jahren?

In zwei Jahren werden wir Marktführer im Bereich der digitalen Vermietung in der DACH Region sein. Wir digitalisieren nicht einfach nur einen Prozess. Es geht um Menschen und jeder Beteiligte soll vom digitalen Prozess und den technologischen Weiterentwicklungen profitieren.

Die Stadt Zürich mit ihrer sozial ausgerichteten Wohnbaupolitik und den vielen Genossenschaften ist ein sehr spannender Markt. Sie ist eine gute Basis um mehr über die faire Wohnungsvergabe zu lernen. Dieses Wissen können wir dann auch für alle anderen Kunden erfolgreich anwenden.

 

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