Rechtsgültig digital unterschreiben – Was gilt?
Ein Gastbeitrag von Franziska Zobrist
Rechtsgültig digital unterschreiben – Was gilt?
Wie funktioniert die Digitale Signatur von Verträgen? Was braucht es, dass elektronisch unterzeichnete Verträge rechtsgültig sind und welche Risiken geht man bei der elektronischen Unterzeichnung von Verträgen ein?
Franziska Zobrist, Rechtsanwältin im schweizer Finanzmarktrecht bei Ramelet.Legal, klärt in diesem Gastbeitrag auf.
Franziska Zobrist , 16. November 2022
Wer kennt das nicht: Man kriegt ein Dokument mit einer eingescannten Unterschrift und fragt sich, ob das nun so ausreicht oder nicht. Man stellt sich die Frage, ob der Mietvertag auch digital unterzeichnet werden kann. Ist der Vertrag mit dem Lieferanten auch bei Verwendung einer elektronisch eingefügten Unterschrift rechtsgültig unterzeichnet und für beide Parteien verbindlich? Welches Risiko gehe man ein, wenn der Auftrag elektronisch anstatt eigenhändig unterschrieben wird? Es scheint so einfach, aber falsches Unterschreiben kann rechtlich unangenehme Auswirkungen haben.
Doch was versteht man unter digitaler Unterschrift oder elektronischer Signatur?
Mit der elektronischen Signatur ist ein technisches Verfahren gemeint, welches der Überprüfung der Echtheit eines Dokuments sowie der Identität des Unterzeichnenden dient. Von der elektronischen Signatur zu unterscheiden, ist die Faksimile-Unterschrift. Hierbei handelt es sich um eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege. Diese wird z.B. bei der Quittierung eines eingeschriebenen Pakets bei der Post verwendet. Wird ein Bild der eigenhändigen Unterschrift auf einem Dokument als Unterschrift eingefügt, handelt es sich ebenfalls nicht um eine elektronische Signatur im rechtlichen Sinne.
Es gibt rechtlich betrachtet drei verschiedene Arten der elektronischen Unterschrift: die (einfache) elektronische Signatur, die fortgeschrittene elektronische Signatur und die qualifizierte elektronische Signatur. Von diesen drei Arten der digitalen Signatur ist nur die qualifizierte elektronische Signatur der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Zudem darf eine qualifizierte elektronische Signatur nur von einem anerkannten Anbieter von Zertifizierungsdiensten angeboten werden. Aktuell gibt es in der Schweiz deren vier:
- Swisscom (Schweiz) AG
- QuoVadis Trustlink Schweiz AG
- SwissSign AG
- Bundesamt für Informatik und Telekommunikation
Da jedoch nicht alle Verträge eigenhändig unterschrieben werden müssen, braucht es auch nicht immer eine qualifizierte elektronische Signatur. Ganz im Gegenteil, es müssen die wenigsten Verträge und Erklärungen eigenhändig unterzeichnet werden, um rechtsgültig und verbindlich zu sein. Auch wenn ein schriftlich abgefasster und unterzeichneter Vertrag nicht gesetzlich verlangt ist, kann Schriftlichkeit für den Geschäftsverkehr wie auch im Privaten trotzdem sinnvoll sein. Werden mit einem Vertrag oder auch einer Erklärung massgebende Rechte und Pflichten definiert, ist ein schriftliches Abfassen und Unterzeichnen für allfällige Streitigkeiten empfehlenswert. Mit einem rechtsgültig unterzeichneten Vertrag kann ein mögliches Haftungsrisiko adressiert und minimiert werden.
Rechtsverbindlichkeit und Gültigkeit – Schriftformerfordernis
Ob ein Vertrag schriftlich abzufassen ist und, ob eine Unterschrift für die Gültigkeit eines Vertrages oder auch einer einseitigen Erklärung nötig ist, hängt von allfälligen gesetzlichen Formvorschriften ab. Im Grundsatz können Verträge formfrei abgeschlossen werden, weshalb auch mündliche Vereinbarungen und Erklärungen rechtsverbindlich und gültig sein können. Der formfreie Abschluss eines Vertrages erfordert denn auch keine Unterschrift. Für gewisse Verträge oder Erklärungen statuiert das Gesetz jedoch ein Schriftformerfordernis. Muss ein Vertag von Gesetzes wegen schriftlich abgefasst werden, ist auch eine eigenhändige Unterschrift nötig (einfache Schriftlichkeit). Dies ist zum Beispiel bei der Abtretung einer Forderung, dem Schenkungsversprechen oder dem Erbteilungsvertrag der Fall. Zudem müssen häufig auch arbeitsrechtliche Vereinbarung oder Erklärungen, welche von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, schriftlich abgefasst und von den Parteien unterzeichnet werden.
Daneben kennt das Gesetz noch die qualifizierte Schriftlichkeit und die öffentliche Beurkundung. Bei der qualifizierten Schriftlichkeit kommen, neben dem schriftlichen Abfassen und der eigenhändigen Unterschrift, noch weitere Anforderungen hinzu. So muss z.B. auch der Inhalt eigenhändig abgefasst, Ort und Datum erwähnt oder ein spezielles Formular verwendet werden. Als Beispiele kann hier der Abzahlungsvertrag, die Bürgschaft, das Testament, die Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter oder die Gründung eines Vereins angeführt werden. Wird die öffentliche Beurkundung verlangt, kann diese nur durch eine vom Staat mit dieser Aufgabe betrauten Person, etwa einem Notar, vorgenommen werden. Der wohl bekannteste Anwendungsfall eines Vertrages mit öffentlicher Beurkundung ist der Kaufvertrag über ein Grundstück.
Die rechtliche Gültigkeit eines Vertrages, welcher formfrei abgeschlossen werden kann, ist auch ohne Unterschrift oder mit jeder Art der elektronischen Unterschrift gegeben. Eine qualifizierte elektronische Signatur ist nur für spezifische Verträge und Erklärungen mit Schriftformerfordernis nötig. Verträge des üblichen Geschäftsverkehrs können deshalb in der Regel digital durch Einfügen eines Abbildes der Unterschrift oder mittels Faksimile-Unterschrift unterzeichnet werden, ohne deren Rechtsverbindlichkeit wegen fehlender Schriftform zu gefährden.
Beweiskraft & Haftungsrisiko
Bei einem Vertrag handelt es sich üblicherweise um das schriftliche Abfassen der Rechte und Pflichten, auf welche sich die Parteien zuvor geeinigt haben. Die Parteien haben ein Interesse daran, dass das Besprochene schriftlich festgehalten wird. Nur so können sich die Parteien zu einem späteren Zeitpunkt wieder darauf berufen, Rechte geltend machen oder Pflichten durchsetzen lassen. Dem schriftlich abgefassten Vertrag und der verschriftlichen Erklärung kommt entsprechend Beweiskraft zu. Ohne schriftlichen Vertrag wird es für die Parteien schwierig zu beweisen, was abgemacht wurde und wer welche Verpflichtungen hat oder hätte. Indem einem Vertrag oder einer Erklärung eine Unterschrift beigefügt wird, wird die gegenseitige Verbindlichkeit noch verstärkt, indem sich keine der Parteien darauf berufen kann, keine Kenntnis des Inhaltes des Dokumentes zu haben.
Digital signieren, ja oder nein?
Die drei E-Signatur-Standards im Überblick
Bekannte Anbieter von digitalen Signaturen sind Unternehmen wie Skribble, Certifaction, DocuSign oder Acrobat Sign von Adobe. Da es sich bei diesen Anbietern nicht um vom Bundesamt für Kommunikation anerkannte Anbieter von Zertifizierungsdiensten handelt, gelten deren digitale Signaturen nicht per se als qualifizierte elektronische Signatur und sind nicht der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Wird im Unternehmen DocuSign zur Unterzeichnung von Lieferantenverträgen verwendet, ist dies dennoch ausreichend für die Gültigkeit der Verträge, da kein Schriftformerfordernis besteht. Die Beweiskraft ist mit einem schriftlich abgefassten, elektronisch signierten Vertrag gegeben und das Haftungsrisiko ausreichend adressiert. Auch der Mietvertrag kann im Grundsatz mit der Lösung von Skribble oder sogar mit einer Abbildung der eigenhändigen Unterschrift gegengezeichnet werden, wenn dies der Vermieter akzeptiert.
Wie man einen Mietvertrag per Mausklick mit der Vermietungslösung melon von emonitor und der Anbindung zu Skribble digital signiert, erfahren Sie in diesem Beitrag. Wie das Ganze mit der Lösung von Certifaction funktioniert, können Sie hier nachlesen.
Im Geschäftsalltag kann es jedoch vorkommen, dass ohne gesetzliches Schriftformerfordernis von der Gegenpartei eine eigenhändige Unterschrift auf einem Vertrag oder einer Erklärung verlangt wird. Insbesondere im Verkehr mit Behörden ist dies häufig der Fall. Dann braucht es, trotz fehlender gesetzlicher Vorschrift, eine qualifizierte elektronische Signatur für die Gültigkeit des digital signierten Dokumentes. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob der gewählte Anbieter, wie z.B. Skribble oder DocuSign in Zusammenarbeit mit einem anerkannten Anbieter von Zertifizierungsdiensten auch eine qualifizierte elektronische Signatur anbietet.
Bei der Frage, ob ein schriftliches Abfassen und Unterzeichnen eines Vertrages oder einer Erklärung sinnvoll sind, ob eine einfache elektronische Signatur ausreicht oder doch eine qualifizierte elektronische Signatur nötig oder verlangt ist, hängt vom Vertrag oder der Erklärung ab.
Sie möchten Ihre Miet- und Kaufverträge zukünftig auch elektronisch unterzeichnen lassen, haben aber noch Fragen?
Buchen Sie gerne ein unverbindliches Erstgespräch mit uns und wir finden gemeinsam heraus, wie sich der Prozess auch bei Ihnen um ein Vielfaches effizienter gestalten lässt.
Mit mehr als 10 Jahren Erfahrung in der Finanzbranche und im Schweizer Finanzmarktrecht beratet Franziska Zobrist Unternehmen und Einzelpersonen, die im Finanzmarkt tätig sind oder es werden wollen.
Bei Ramelet.Legal berät Sie ihre Kundschaft unter anderem auch im Vertragsrecht, was das Thema “Digitale Signatur von Verträgen” beinhaltet.