Smart Contracts in der Immobilienwelt

Smart Contracts in der Immobilienwelt

Heute ist alles smart, gerade bei Immobilien: Homes, Buildings, Cities, Infrastructure – und jetzt kommen auch noch Smart Contracts dazu. Welche Chancen und Nutzen bieten die auf der Blockchain basierenden «intelligenten» Verträge?

Raphael Imhof , 13. Oktober 2022

Smart Contracts reihen sich gut in die Immobilien-Buzzwords der letzten Zeit wie Blockchain, Metaverse und Digital Twins ein. Die Relevanz reicht aktuell von High-Potential (Blockchain) über Notwendigkeit (Digital Twins) bis zu Casino (Metaverse). Smart Contracts existieren bisher vor allem als Teilkonzepte und zeichnen sich als dezentral organisierte Verträge durch Sicherheit, Effizienz und Unabhängigkeit von bestehenden Institutionen wie zum Beispiel Banken aus.

Was ist ein Token, was ein NFT?

Als Token bezeichnet man eine digitale Einheit auf einer Blockchain, die ein digitales oder physisches Objekt repräsentieren kann. Non-Fungible bedeutet, dass der Token einzigartig ist und nicht durch einen anderen mit gleichen Assets oder gleichen Rechten ausgetauscht werden kann. Digitale Güter waren lange Zeit leicht auszutauschen, da ein Audio-File oder die JPG-Datei eines Bildes beliebig vervielfältigt werden konnte. Erst durch das Minting wird aus einer beliebig kopierbaren Datei ein digitales Unikat, ein NFT also Non-Fungible-Token. Minting oder Prägung stammt aus dem Bereich der Münzprägung und meint den mechanischen Vorgang bei der Münzen nach offiziellen Vorgaben in Form gebracht werden. Bei NFTs erfolgt die Prägung digital auf der Blockchain und ist im Gegensatz zu physischen Münzen nach dem Minting ein Unikat und nicht austauschbar.

Was macht einen Contract zu einem Smart Contract?

Smart Contracts sind grundsätzlich «selbsterfüllende» und deshalb intelligente Verträge, die verschiedene Schritte auslösen, sobald bestimmte Bedingungen erfüllt oder Ereignisse eingetreten sind. Für die Auslösung bzw. Verarbeitung sind keine menschlichen Eingriffe nötig und auch nicht möglich. Smart Contracts basieren auf vordefiniertem Code, welcher die einzelnen Bedingungen eines Vertrages abbildet und in Schritte aufteilt.

Eine Slot-Machine in einem Casino oder jeder Verkaufsautomat bedient sich ebenfalls den Prinzipien eines Smart Contracts: Sobald der passende Betrag bezahlt wird, erhält man den gewünschten Artikel oder darf den einarmigen Banditen in Bewegung setzen. Falls die Maschine eine gewinnberechtigte Kombination anzeigt, wird der nächste Schritt des Vertrages getriggert und der Gewinn wird ausbezahlt.

Smart Contracts sind damit nichts Neues, sind aber vor allem im Zusammenhang mit der Blockchain verstärkt in den Vordergrund gerückt. Sie können über die Blockchain abgeschlossen und automatisiert abgewickelt werden, ohne dass eine Institution überwachen oder manuell eingreifen muss/kann. Im Falle einer Immobilientransaktion könnten dies Banken, Behörden, Verwalter, Makler oder weitere Dienstleister sein. Alle Vertragsbedingungen sind dezentral in der Blockchain hinterlegt. Solange der Code keine Fehler beinhaltet, ist damit alles gut.

Immobilien als digitale Assets und weitere Anwendungen

Heute werden Eigentumsverhältnisse an einer Immobilie im Grundbuch abgebildet und eine Änderung kann nur durch eine öffentliche Beurkundung durchgeführt werden. Mit der Blockchain und Smart Contracts wäre es möglich, Immobilien und damit verbundene Verträge als digitales Asset, Token und Smart Contracts zu erfassen. Damit könnten Miet- und Kaufverträge digitalisiert und automatisiert werden, verschiedene Rechte digital verbrieft, Daten über Grundstücke und Gebäude abgebildet, Dienstleister entlang der Wertschöpfungskette beauftragt sowie grundsätzlich sensible Daten gespeichert werden. Reale Vermögenswerte können damit per Mausklick verkauft werden. Dies führt zu einer flexiblen und schnellen digitalen Transaktion, welche jederzeit vollständig transparent und rückverfolgbar ist und die heute hohen Transaktionsgebühren würden dadurch reduziert. Vor allem für Länder mit wenig Rechtssicherheit und Vertrauen in das Grundbuch und Behörden, bieten die Blockchain und Smart Contracts grosse Möglichkeiten in Richtung Vertragssicherheit und Transparenz, verbunden mit einer kostengünstigen Abwicklung.

Die rechtlichen Restriktionen für den Kauf und die Aufteilung von Immobilien sind in der Schweiz aktuell noch vielfältig: Beispielsweise die Lex Koller (die die Kontrolle von Wohneigentum in der Schweiz durch Ausländer reglementiert), Grundbuchämter sind nach wie vor sehr analog unterwegs und die Handelbarkeit der Tokens ist ebenfalls nur teilweise gegeben.

Die NZZ schrieb über Tokens im Immobilienmarkt: «Im Vergleich zu Kapitalmärkten ist der Immobilienmarkt ineffizient, intransparent und illiquide. Die Gründe liegen unter anderem in den Markteintrittsbarrieren – hohe Investitionen sowie zeit- und kostenintensive Transaktionen. Tokens könnten eine Lösung sein. Allerdings sind Anlage-Tokens oft nicht ganz mit einer direkten Investition in Immobilien gleichzusetzen. So ist neben der Erfassung des Immobilieneigentums auf der Blockchain zusätzlich ein Eintrag im Grundbuch notwendig, um den Immobilienbesitz rechtswirksam zu machen. Dies kann derzeit nicht digital auf der Blockchain stattfinden. Hinzu kommen praktische Fragen, etwa jene, wie eine fraktionalisierte Immobilie verwaltet oder saniert werden soll. Wer trifft die Entscheidungen? Daher wird oft eine Gesellschaft dazwischengeschaltet, die die Immobilie erwirbt und die Tokens ausgibt. Die Tokens partizipieren dann indirekt über diese Gesellschaft an den Erträgen und der Wertentwicklung der Immobilie.»

Smart Contracts im Bau und in der Vermietung

Auch beim Bau von Immobilien in Kombination mit Building Information Modelling (BIM) könnten Smart Contracts zu mehr Effizienz und Transparenz sorgen. Der Stand der ausgeführten Arbeiten sowie die Kosten sind damit stets aktuell ersichtlich. Vordefinierte Abläufe und Zahlungen können automatisch gesteuert werden.

In der Vermietung wäre auch «Vermietung durch Betreten/Nutzung» denkbar. Sobald jemand ein Gebäude betritt, einen Parkplatz oder einen Platz im Co-Working Space nutzt, werden Verträge ausgelöst und von der Nutzung bis zur Bezahlung automatisch abgewickelt. Das wäre dann kein EasyRide mehr von der SBB, sondern EasyRent. Als Teilkonzepte für die Vermietung sind beispielsweise der digitale Betreibungsauszug von CreditTrust oder das digitale Unterzeichnen von Verträgen wie Skribble oder Certifaction bereits etabliert. Beide Teilschritte einer Vermietung können in Zukunft die nächsten Schritte mittels Smart Contracts auslösen.

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Da Immobilientransaktionen komplex sind, würde sich die Rolle von vielen Beteiligten wie Notaren, Anwälten, Banken und Maklern durch die Tokenisierung und Smart Contracts stark verändern: Die Rolle der Berater wird in den Vordergrund rücken. Zudem kommen neue Player vor allem aus dem Bereich Technologie dazu mit dem Ziel, Immobilientransaktionen aller Art, schneller, effizienter, transparenter und günstiger zu machen.

Raphael mag verschiedene Hüte: Als Initiator der Marketing-Beratung Content hochzwei, Immobilientwickler (seit Kurzem), ehemaliger Banker und Marketingleiter in verschiedenen Branchen. Dazu kommen ein Faible für Technologie und Herzblut für Nachhaltigkeit.

Autor

Raphael Imhof